Abricotine, Williamine und Traubentresterbrand

Florian Walpen

04.06.2018

Martigny

Wir treffen uns in Martigny am Bahnhof, kurz vor elf. Die Wetterprognosen sind gut, trotz des Unwetters das die Schweiz im Westen streifen soll. Von Lausanne her kommend hatten wir schon einen Eindruck des drohenden Gewitters erhalten, aber in Martigny ist davon nichts zu spüren. Wir sind optimistisch.

Das erste Destillat.

Zur Begrüssung gibt es erst einmal etwas zu verkosten. Das klare Destillat wird schnell als Marc erkannt, wie der Traubentresterbrand im Wallis heisst. Die Traubensorte Heida, im Wallis heimisch und für höhere Lagen geeignet, wird ebenso bald erraten. Dann werden wir auch schon abgeholt. Der Baladeur, ein kleines Touristen-Zügli, nimmt uns mit auf eine Stadtrundfahrt.
Nebst anderen Sehenswürdigkeiten kämpft sich das Zügli mit uns durch die steilen Rebhänge zum Schloss La Bâtiaz. Von hier aus hat man einen wunderbaren Ausblick über die Stadt, auf die Rhone-Ebene und die umliegenden Hänge, welche zum Anbau von Wein und Obst genutzt werden. Beim anschliessenden Mittagessen zeigt sich dann die Sonne, wir essen draussen und es wird sogar richtig heiss.

Besichtigung der Destillerie Morand in Martigny.

Frisch gestärkt geht es weiter zur Distillerie Morand, einem Familienbetrieb in vierter Generation. Doch aufgepasst, hier wird mit der grossen Kelle angerührt. Die 15 Brennhäfen mit je 300l Fassungsvermögen produzieren um die 600’000 Flaschen Destillat pro Jahr, und die Tanks für die Maische im Keller haben enorme Ausmasse. Die Degustation ist etwas weniger spektakulär, vor allem weil uns viele Produkte der Distillerie Morand schon geläufig sind. Aufgefallen sind uns die breite Auswahl an Sirups, der Kräuter-Likör Grand-St-Bernard, sowie die Douces, ein Mittelding zwischen Schnaps und Likör das uns später noch einmal begegnen wird.

Salgesch

Nachdem wir das Gepäck im Hotel in Sierre deponiert haben, begeben wir uns ab Salgesch auf den Weinwanderweg. Das Dorf macht seinem Namen als Weinregion alle Ehre, zahlreiche bekannte Weinproduzenten laden zur Degustation ein. Wir müssen jedoch weiter, der bewölkte Himmel wird dunkler und erste Windböen deuten einen Wetterwechsel an.

Im malerischen Vallon Raspille verbergen sich Rebberge und Gebäude der Kellerei Cave Biber.

Über die Rebhänge gelangen wir ins malerische Vallon Raspille, ein Einschnitt in dem der Raspilji-Bach fliesst. Hier an der Grenze zwischen Salgesch und Sierre, deutsch- und französisch-sprachigem Wallis, empfängt uns Cave Biber für eine Degustation. Mit etwas Verspätung trifft auch unser Gläsertransport ein.
Das Sortiment von Cave Biber zeichnet sich nicht nur durch eine breite Palette von distinguiert charaktervollen Weinen aus, sondern beinhaltet auch einige sortenspezifische Marcs. Ideal also, um Wein und Tresterbrand aus derselben Traubensorte zu vergleichen. Obwohl uns davon abgeraten wird (“Vergessen Sie’s”), versuchen wir den zum Wein zugehörigen Tresterbrand herauszufinden. Und siehe da, die Paare der ersten Dreierserie werden von allen Teilnehmern korrekt zugeordnet. Dabei hilft uns die markante Charakteristik der Weissweinsorten Johannisberg und Heida.
Inzwischen fängt es an zu regnen, wir flüchten uns in das kleine Degustationslokal für die zweite Runde. Malbec, Humagne Rouge und Merlot stellen uns dann vor eine knifflige Aufgabe, aber unlösbar ist sie nicht. Die Marcs sind kompromisslos sauber gebrannt und haben eine feingliedrig fruchtige Aromatik. Um einen harmonischeren Brand zu erhalten werden teilweise auch die Traubenkerne vorher ausgesiebt.
Da es immer noch regnet und wir spät dran sind, verzichten wir auf den zweiten Teil des Weinwanderwegs und fahren mit dem Auto nach Sierre.

Sierre

Das Château de Villa in Sierre ist ein Restaurant-Betrieb in einem ehemaligen Herrensitz, welches sich ganz den regionalen Produkten verschrieben hat. Die grosszügige Apéro-Platte mit Trockenfleisch und Roggenbrot ist im Nu verputzt, offensichtlich muss man nicht den ganzen Weinwanderweg laufen um Appetit zu bekommen. Die Weinkarte bietet eine riesige Auswahl an Walliser Weinen, vom gemeinen Fendant bis hin zu Spezialitäten wie dem Gwäss. Durchaus keine einfache Wahl, zum Glück haben wir unsere Experten dabei. Als Hauptgang gibt es Raclette à discrétion, mit diversen Käsesorten aus dem ganzen Kanton Wallis, von Orsières bis zum Goms. So gross die geschmackliche Vielfalt, sättigend sind sie alle.

Zum Abschluss der Exkursion ein reichhaltiges Raclette im bekannten Spezialitäten- restaurant Château de Villa in Sierre.

Bleibt noch das Dessert zu erwähnen, ein hausgemachtes Aprikosen-Sorbet mit einem Schuss Douce de Abricot der Distillerie Morand. Somit fand dieser Ausflug trotz Regenguss einen heiteren Abschluss.

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