Cognac – nicht einfach ein Weinbrand

Jürg Zehnder

21.10.2018

Das verstaubte Image ist passé. Cognac ist wieder angesagt. Die Herstellung dieses französischen Weinbrands ist weitaus komplexer, als man vermuten würde.

17 Mitglieder und Gäste empfingen André und Bernadette Richiger im Hotel Des Alpes in Luzern zur grossen Cognac-Degustation. Hier, an bester Lage der Stadt, hatten sie einen kleinen Saal gemietet, mit Zugang zur grossen Terrasse und bester Sicht auf Reuss, die Kapellbrücke mit dem Wasserturm und auf den imposanten Berg Pilatus im Hintergrund.
Zur Verkostung standen 28 Cognacs bereit. Bernadette und André hatten während einer Woche die Charente bereist und dabei 15 Cognac-Häuser besucht. Die Ausbeute dieser Reise wurde an dieser geführten Degustation vorgestellt und vekostet: diverse Qualitätsstufen, Lagen wie Fin Bois, Borderies, Petite Champagne und Grande Champagne sowie Spezialitäten, darunter ein reiner Borderies, ein Jahrgangscognac, eine sortenreine Folle Blanche und eine Einzelabfüllung. Darüber hinaus warteten XO-Cognacs und 30- bis 50-jährige Cognacs darauf, entdeckt zu werden. In einer freien Degustation konnten die Degustanten unter weiteren zwölf Cognacs aus der Privatsammlung der Richigers auswählen.

Tolle Aussicht vom Degustationsraum: Kapellbrücke mit Wasserturm und dem imposanten Pilatus im Hintergrund. Bild: Jürg Zehnder

Zum Auftakt bekamen die Teilnehmer ein Glas Pineau des Charentes. Das ist ein «alkoholisches Getränk, das aus einer Mischung von unfermentiertem Traubenmost und Eau-de-Vie de Cognac hergestellt wird» (Wikipedia). Der während fünf Jahren im Holzfass gelagerte Tropfen roch etwas nach altem Fass und reifen Äpfeln, er war im Gaumen angenehm süss und rund. Nach einigen delikaten Häppchen auf der Terrasse ging's an die Arbeit.

Altersklassen und VSOP

Die erste Degustations-Serie enthielt vier Cognacs verschiedenen Alters (Erklärungen zu den Altersangaben siehe weiter unten). Die jungen Brände (VS, *** = drei Sterne) waren deutlich schärfer und stechender als die älteren Brände (VSOP und XO). Für mich war der XO deutlich der beste Brand: fruchtig, gereift, voll und kräftig.
In der zweiten Serie wurden Cognacs verschiedener Lagen im VSOP-Bereich (Fins Bois, Borderies, Petite Champagne, Grande Champagne) präsentiert. Grosse Unterschiede waren nicht herauszuriechen beziehungsweise zu schmecken. Alle vier Destillate rochen und schmeckten nach Dörrfrüchten (Aprikosen, Pflaumen, Rosinen). Schöne Destillate.
Vor den nächsten zwei Serien gab es eine Pause. Auf der Terrasse wurden weitere Häppchen sowie kleine Portionen Coq au Vin gereicht. Die Kunstfliegerstaffel Patrouille Suisse zeigte ein beeindruckendes Ballett über dem Seebecken. Diese hatte jedoch nicht André engagiert. Sie flog für eine Veranstaltung des Verkehrshauses. Wir nahmen das unerwartete Geschenk dankend an.

Schöne Serie mit XO-Cognacs. Bild: Pedro Volkart

Wieder zurück zum Cognac. Die Pause wurde von verschiedenen Teilnehmern genützt, um die Cognacs aus der Privatsammlung von André und Bernadette zu verkosten. Zwei Brände stachen für mich besonders heraus: der Grande Champagne XO von Jean-Luc Pasquet sowie der Terre XO von Godet (30 Jahre), ein Verschnitt aller sechs Lagen des Cognacgebiets. Beides sind volle, runde Cognacs mit einem herrlichen Dörrfruchtaroma.

XO und Raritäten

In der dritten Serie zeigte André Spezialitäten aus dem XO-Bereich. Alles Cognacs aus der Grande Champagne, darunter ein sortenreiner Folle blanche Cognac, der aber nur knapp XO-Status erreicht, einen 12-jährigen Frapin mit 46 Vol.% Alkohol, einen 30-jährigen Jean Fillioux Cigar Club sowie einen Delamain 1973 Hors D’Age. Eine sehr schöne Serie. Der Frapin war zwar etwas gar alkoholisch. Dafür erwies sich der Delamain als wirklich attraktives Destillat, schöne Nase, samtig und nachhaltig, zum Verlieben.
Die letzte Serie brachte nochmals vier ganz besondere Cognacs: drei aus der Grande Champagne (Rabaud-Sabourin, Paul Giroud Très Rare, A.E. DOR No. 8) und einer aus der Petite Champagne (Montifaud L50), alle über 35 Jahre alt. Besonders gefiel dem Schreibenden der sehr rare Cognac von Paul Giroud aus dem Jahr 1962. Warm, weich, rund, mit einem betörenden Bouquet nach Dörrfrüchten, Rosen, Holz und Gewürzen.

Bernadette bereitet eine Serie vor. Bild: Pedro Volkart

Zum Abschluss gab es ein Glas Pineau des Charentes rosé und als Dessert eine Tarte Tatin. Dieser Pineau wirkte jünger und frischer als der Apéritiv zu Beginn der Veranstaltung und war ein würdiger Abschluss einer denkwürdigen Degustation. Es hat sich gelohnt nach Luzern zu fahren.
Was wir mit den Cognac-Resten in unseren Gläsern gemacht haben? Wegschütten wäre wirklich eine Todsünde gewesen. Bernadette hatte vorgesorgt und jedem Teilnehmer ein Sammelfläschchen besorgt. Alle meine Resten sind jetzt da drin. Wie es riecht! Ich freue mich schon auf einen ruhigen Moment zu Hause. Zum Schluss des Berichts nun aber ein bisschen Hintergrundwissen über den Cognac.


VS, ***, VSOP und XO

Die offiziellen Altersbezeichnungen und Altersangabe bei Cognac sind VS, VSOP und XO. Darüber hinaus gibt es noch weitere Bezeichnungen wie Hors D’Age, Napoléon, Resérve etc. Diese Altersangaben sind jedoch mit Vorsicht zu geniessen, denn Cognac ist in den allermeisten Fällen ein Verschnitt aus verschieden alten Cognacs.
-VS ( Very Special) oder drei Sterne. Hier ist der jüngste Cognac im Verschnitt mindestens zwei Jahre im Eichenfass gereift.
-VSOP ( Very Superior Old Pale oder Very Special Old Pale). Dabei handelt es sich um einen Verschnitt, in dem der jüngste Cognac mindestens 4Jahre in Holz lagerte. Das durchschnittliche Alter der Cognacs in der Mischung ist aber meist deutlich höher. Der Ursprung dieser Bezeichnungen geht zurück auf einen Auftrag der britischen Krone im Jahre 1817. Das Königshaus bestellte einen brandy pale, einen puren Cognac, der nicht gesüsst oder gefärbt war. Zu jener Zeit war es durchaus üblich, Branntwein beziehungsweise Weinbrand stark zu zuckern.
-XO (Extra Old) ist ein Verschnitt, in der das jüngsten Destillat mindestens 6 Jahre im Eichenfass gereift wurde (heute neu 10 Jahre). Das durchschnittliche Alter des Cognacs beträgt oft 20 Jahre und mehr.


Die Herstellung von Cognac

Cognac wird aus den Rebsorten Ugni Blanc (Trebbiano), Folle Blanche und Colombard hergestellt. Heute werden zu 90 Prozent Trauben der reich tragenden Sorte Ugni Blanc verwendet. Wein aus diesen Trauben ist qualitativ nicht sehr gut, weshalb er in zwei Destillations-Schritten zu Eau-de Vie-de-Cognac gebrannt wird. Verschiedene Qualitäten und verschiedene Alter dieses Destillats werden dann zum Endprodukt Cognac verschnitten. Der Franzose spricht nicht von Verschnitt sondern von mariage. Das tönt besser. Cognacs haben meist einen Alkoholgehalt von 40 Vol.%. In den sechs Lagen des Cognacais (Fin Bois, Borderies, Petite Champagne und Grande Champagne, Bons Bois, Bois Ordinaires) sind knapp 80 000 Hektaren mit den oben genannten Rebsorten bestockt. In Frankreich wird nicht sehr viel Cognac getrunken, denn über 90 Prozent der Produktion gehen in den Export.
Armagnac hingegen ist ein Branntwein aus der Gascogne. Er wird aus denselben Rebsorten gebrannt wie Cognac, jedoch anders als der Cognac in nur einem Destillationsprozess. Das Rebgebiet ist mit 15 000 ha viel kleiner als im Cognac, die Brennkultur jedoch viel älter.

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