Sonntagsbrunch mit Kaffee und Schnaps

Jürg Zehnder

11.12.2018

Kafischnaps ist ein beliebtes Getränk, vor allem in der Innerschweiz. Als etwas kultivierter gilt es, wenn das Destillat nicht im sondern zum Kaffee getrunken wird. Eine Degustation hat aufgezeigt, welcher von fünf ausgewählten Bränden am besten mit einer von ebenfalls fünf Kaffeesorten harmoniert.

Mit einem «Cüpli» empfing der Schreibende 14 Gäste zum Anlass Kaffee & Schnaps im Café der Freizeitanlage Wädenswil. Leider hatten einige Gemeldete wegen Erkältung absagen müssen, denn eine verstopfte Nase ist einer seriösen Degustation doch eher abträglich. Die Frage, die mit verschiedenen «Coffee-Spirit-Pairings» geklärt werden sollte, war: Wie passen Kaffee und Schnaps zusammen? Wie harmonieren die beiden Getränke in Nase und Gaumen?

Volle Konzentration auf zwei Getränke, die zusammenpassen oder auch nicht.

Der Kaffee

Den Organisatoren hatte sich die Frage gestellt, wie jedem Degustationsteilnehmer genau derselbe Kaffee vorgesetzt werden kann. Die Lösung: Kapselkaffee. Jede Kapsel enthält dieselbe Kaffeemischung in derselben Menge. Ein erster Versuch mit Kaffee von Chicco d’Oro zeigte, dass dieses Kapselsystem nicht kompatibel ist mit andern Maschinen und dass das Angebot von Chicco d’Oro klein ist.
Bei den nespressokompatiblen Kapselkaffee-Maschinen war das Problem der Preis. Dieser ist zu tief, als dass sich es sich für jemanden lohnen würde, solche Maschinen zu vermieten. Gleichzeitig ist er zu hoch, um diese für einen begrenzten Einsatz zu kaufen. Die Firma Nespresso SA wusste Rat: Man schlug uns vor, Pads anstelle von Kapseln zu verwenden. Pads sind runde, kissenartige Kaffeebehälter, welche die gleiche Menge Kaffee enthalten wie Kapseln. Diese sowie die zugehörigen Kaffeemaschinen können nicht privat erworben werden, sondern sind ausschliesslich für die Verwendung in der Gastronomie und in Firmen bestimmt. Nespresso bot an, uns zwei Doppelkaffeemaschinen sowie den gewünschten Kaffee gratis zur Verfügung zu stellen. Die Organisatoren hatten die Möglichkeit, unter 13 verschiedenen Kaffees zu wählen.

Der Schnaps

Bei den Destillaten stellte sich die Frage, ob spezielle Brände zu den Kaffees serviert werden sollten oder solche, die häufig in der Gastronomie ausgeschenkt und privat genossen werden. Die Wahl fiel auf letztere Variante: Kirsch, Traubentresterbrand, Williams, eine alte Zwetschge und Whisky. Alle fünf Destillate waren einheimische Produkte.

Das Vorgehen

Bei der Degustation standen vor jedem Verkoster fünf Gläschen mit den Destillaten. Die fünf frisch aufgebrühten Kaffees wurden jeweils als Espresso der Reihe nach in fünf Degustationsreihen serviert. Zu jedem Kaffee erhielt der Prüfer ein Prüfformular, auf dem er seine Empfindung für jede Paarung in Form einer Markierung auf einer offenen Skala eintragen musste. Die Skala war in der Mitte unterteilt. Eine Markierung rechts der Mitte zeigte Harmonie an. Je weiter rechts von der Mitte, desto besser die Harmonie. Genau das Gleiche, aber mit umgekehrten Vorzeichen, galt für die linke Seite der Skala. Je weiter links der Mitte, desto unharmonischer die Paarung.

Beispiel eines Prüfformulars

Bei der Auswertung wurde der jeweilige Abstand der Markierung von der Mitte gemessen und für jede Paarung eine Messreihe erstellt. Weil die Angaben der Tester oft widersprüchlich waren, wurde für jede Messreihe als Bezugswert der genau in der Mitte liegende Wert, der sogenannte Median, bestimmt. Dieser beantwortet unter den gegebenen Umständen die Frage, wie «harmonisch» beziehungsweise «unharmonisch» eine Kombination ist, am besten.
Hier die Auswertung der Kaffees Espresso Brasil, Espresso Forte, Lungo Guatemala, Lungo Leggero und Ristretto India

Aus dem vollen Bauch heraus

Es ist klar, dass die weltbewegende Frage «Welcher Kaffee harmoniert am besten mit welchem Destillat?» nicht einfach aus dem hohlen Bauch heraus beantwortet werden kann. Deshalb setzten sich die Verkoster vor dem «Drink-Food-Pairing» zu einem zünftigen Sonntagsmorgenbrunch mit allem Drum und Dran zusammen: Müesli, Rührei, Spiegelei, gebratener Speck, Zopf, Brot, Butter, Honig, Konfitüre, eine Platte mit verschiedenen Käsen, eine Fleischplatte sowie verschiedene Fruchtwähen. Dazu gab es Kaffee, Tee, Schokolade und Fruchtsäfte.
Nach dem ausgiebigen Brunch, an dem viel gelacht und getrascht worden war, schickte man die Teilnehmer erst einmal eine halbe Stunde an die frische Luft. Die Tische wurden abgeräumt und der Raum gründlich gelüftet. Danach wurde es ernst. Der Degustationsleiter erklärte den Teilnehmern das Vorgehen bei der Verkostung. Diese dauerte eine gute Stunde. Die Auswertung der eingesammelten Prüfformulare war ein grosses Stück Arbeit für den Degustationsleiter.
Zum Abschluss der Veranstaltung hatte jeder Teilnehmer die Möglichkeit, seinen Lieblingskaffee mit einem Schluck italienischem Amaretto-Likör zu verheiraten. Hier war die Meinung im Gegensatz zur Verkostung einhellig: Super!

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