Holzfassgereifte Fruchtdestillate

Jürg Zehnder

24.11.2017

Nicht zuletzt wegen der Whisky-Hausse hat in letzter Zeit sich das Interesse der Liebhaber von Fruchtdestillaten vermehrt holzfassfassgereiften Produkten zugewandt. Das Ziel einer Reifung von Fruchtdestillaten im Holzfass ist die aromatische Abrundung und ein weicherer, runder Charakter. Eine solche Reifung kann langwierig sein, besonders wenn die Reifung in Fässern aus den entsprechenden Fruchtbaumhölzern erfolgt. Diese geben weniger Aroma- und Geschmacksstoffe ab als Fässer aus Eichenholz. Eine Reifung in den entsprechenden Fruchtbaumhölzern heisst, dass Kirsch im Kirschholzfass oder ein Williams im Birnenholzfass erfolgt. Diese Fässer sind meist deutlich kleiner als eine Eichenbarrique, sie fassen zum Beispiel nur 50 Liter. Diese Fassgrösse kommt wohl daher, dass genügend astfreies, gerade gewachsenes Fruchtbaumholz, wie es für grössere Fässer gebraucht wird, eher selten zu finden ist. Ausserdem passen kleine Fässer auch besser zu den Mengen an holzgereiften Fruchtbränden, welche kleinere und mittlere Brennereien produzieren. Um eine Barrique zu füllen sind immerhin 225 Liter Destillat nötig.

Die Arbeit des Küfers

Toasten eines neuen Fasses.

Wer an einem Workshop über holzfassgereifte Fruchtdestillate teilnehmen will, sollte auch eine Ahnung davon haben wie Fässer hergestellt werden. Dies sagte sich Organisator André Richiger, als er die 22 Kursteilnehmer und Kursteilnehmerinnen am Anlass „Holzfassgereifte Fruchtdestillate“ des Schweizer Schnaps Forums in die Küferei Suppiger in Küssnacht am Rigi führte, wo der Chef persönlich die Gruppe in Empfang nimmt. Küfermeister Roland Suppiger erklärt den wissbegierigen Besuchern den Herstellungsprozess von Holzfässern. Ein dünner, bläulicher und aromatischer Rauch erfüllt die Produktionshalle. Dieser stammt von einem brennenden Feuerkorb, welcher mit Eichenholzabschnitten gefüttert wird. Über diesen Feuerkorb wird nun ein noch halbfertiges Fass gestülpt. Hitze und dauerndes Befeuchten mit Wasser sollen das Holz soweit erweichen, sodass die Fassdauben mit einem Fasszug in die gewünschte Form gebracht werden können. Mit verzinkten Eisenreifen werden sie in ihrer neuen Form gehalten. Anschliessend wird so lange weiter gefeuert bis das neue Fass stabilisiert ist und in seiner Form bleibt. Durch Ausbrennen (Toasten) werden die typischen Röstnoten – Vanille, Caramel, Rauch – erzeugt. Je nachdem für welchen Inhalt das Fass vorgesehen ist, wird unterschiedlich stark getoastet: leicht für Weisswein (etwas Vanille, leichte Rauchnote), mittelstark für Rotwein (intensiv Vanille, Caramel, Rauch), stark für schweren Rotwein oder Destillate (salzig, Speck). Whiskyfässer werden stark ausgebrannt, sodass eine eigentliche Kohleschicht entsteht.

Das Holz – eine Wissenschaft

Küfermeister Roland Suppiger erklärt Besuchern wie ein Fass entsteht.

Das meiste Holz, welches in Europa zur Herstellung von Fässern verwendet wird, stammt von der Stieleiche (Quercus robur) oder von der Traubeneiche (Quercus petraea). Eine Wissenschaft für sich ist das möglichst abfallfreie Aufschneiden eines Baums. Beim Sägen wird der Stamm der Länge nach, sowohl horizontal wie auch vertikal aufgeschnitten. Für kleinere Fässer wurde früher das Holz für die Fassdauben von Hand gespalten. Das garantierte, dass nur gerade gewachsenes Holz verwendet wurde. Die Bretter werden im Holzlager der Küferei im Freien gelagert und dabei getrocknet. Pro Jahr trocknet eine Holzschicht von etwa einem Zentimeter. Ein vier Zentimeter dickes Brett trocknet also mindestens vier Jahre, bevor es verwendet werden kann. Eine Fassdaube ist ein ziemlich komplizierter Körper. In der Mitte ist sie wegen der Wölbung des Fasses breiter als an den Enden, mit konisch gehobelten Seiten. Der Winkel wird mit einer Lehre kontrolliert. Die Verbreiterung kontrolliert der Küfer von Auge, was jahrelange Erfahrung verlangt. Als Rohmaterial für ein Fass kann im Prinzip jedes Holz verwendet werden, sofern es dicht, d.h. langsam und gerade gewachsen ist: Eiche, Kastanie, Robinie, Lärche, Esche, Buche, Fruchtbaumhölzer, etc. Lindenholz eignet sich nicht, weil das Holz beim Verarbeiten eine seifige Struktur bekommt.

Einfluss des Fasses auf den Inhalt

Nach dieser ungemein interessanten Vorführung wechseln die Teilnehmer von Küssnacht nach Weggis in die Brennerei Stalder. Nach einem kräftigen Mittagessen geht es an die Arbeit. Aus 26 holzgereiften Destillaten hat André Richiger sechs Serien bereitgestellt. Bei jeder Serie war die Fragestellung anders. Zum Beispiel werden Destillate oft in gebrauchten Fässern gereift. Es sollte deshalb herausgefunden werden, inwieweit der Inhalt Geschmack und Geruch des Vorgängerprodukts angenommen hat
und ob dadurch seine Typizität verändert wurde. In einer von vier Kirschproben wurde der Kirsch aus dem Rumfass ganz klar als solcher erkannt. Bei den andern Proben war dies weniger deutlich. Der Kirsch aus dem Sherryfass war zwar ein sehr schöner Brand, aber nicht als Kirsch zu erkennen. In einer anderen Serie wurde danach gefragt, wie das Holz eines neuen Fasses den Inhalt beeinflusst. Kirsch wurde in einem Kirschen-, einem Wildkirschen- einem Maulbeer- sowie einem Eichenholzfass gereift. Interessant, wenn auch nicht vorteilhaft, wirkte sich das Wildkirschenholz aus Brasilien aus: intensiv Kokos- und Medizinalgeruch, der Kirsch war kaum erkennbar.

Xaver Stalder vor seinem holzbefeuerten 150-Liter Brennhafen.

Die andern Hölzer verfälschten den Kirsch kaum und wurden positiv beurteilt. Steinobst-, Traubentrester- und Weinbrände eignen sich offensichtlich besonders gut für eine Reifung im Holzfass. Sie zeigen neben den Röstnoten, die sie durch die Holzlagerung angenommen haben, immer noch ihre unverkennbare Charakteristik. Eine Holzfasslagerung von Destillaten ist aber keine einfache Sache. Die Entwicklung eines Destillates im Holzfass muss genau im Auge behalten werden, sonst kann man böse Überraschungen erleben. Als sicher schönster Brand der sechs Serien, erwies sich ein Kirsch aus dem Jahr 2003, der elf Jahre hochprozentig im Kirschenholzfass gereift und gelagert wurde: Fein, weich, ganz leichte Rauchnote, fruchtig, typisch. Entsprechend hoch ist jedoch auch sein Preis.
Mit einer Besichtigung der Brennerei Stalder und einer Degustation ihrer Produkte ging der wirklich sehr aufschlussreiche Workshop zu Ende.

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