Jubiläum - 10 Jahre Macardo

Jürg Zehnder

27.11.2017

Macardo, was? Ja sie haben richtig gelesen. Die Brennerei in der ehemaligen Käserei im beschaulichen, ländlichen Strohwilen im tiefsten Mostindien heisst tatsächlich so. Macardo setzt sich aus den Vornamen der beiden Gründer Marco Frauchiger und Bernardo Lamberti zusammen. Die beiden Frauenfelder Gymnasiallehrer hatten vor 10 Jahren die Konzession für eine gewerbliche Brennerei in Strohwilen beim
Bund beantragt und auch bekommen. Vor knapp drei Jahren haben Martina und Andreas Boessow die Brennerei übernommen. Boessow - trotz seinem russisch klingenden Namen ein waschechter Bündner - hatte sich seit jeher für das Brennen interessiert. In Brennkursen in Deutschland, Österreich und Südtirol eignete er sich die entsprechenden Kenntnisse an. Boessow brennt vor allem Whisky und Rum. Gin und Wodka sind weitere Spezialitäten. Aus Äpfeln, Birnen und Pflaumen entstehen Vieilles, zudem werden Traubentresterbrände destilliert. Daneben wird auch noch im Lohn für die umliegenden Landwirt-schaftsbetriebe gebrannt. Alle diese Produkte werden auf einem holzbefeuerten 150 Liter Brennhafen von Holstein destilliert. Brenner ist der Vorarlberger Bartel Fink. Die dritte wichtige Figur ist der Journalist Andi Spichtig. Spichtig setzt die Kenntnisse, die er sich im Lauf seiner beruflichen Tätigkeit bei der Neuen Zürcher Zeitung erworben hat, für Marketing und Verkauf der Spirituosen ein.

Das Führungstrio der Macardo-Brennerei in Strohwilen: Inhaber Andreas Boessow, Brennmeister Bartel Fink und Andi Spichtig, Marketing und Verkauf, v.r.

Whisky und Rum

An diesem kalten und regnerischen Samstag haben sich erstaunlich viele Leute in der alten Käserei eingefunden: Nachbarn, Bekannte, Schnapsliebhaber, Neugierige. Sogar aus dem fernen Zürich sind interessierte Personen angereist. Es riecht nach Fondue und Kerzenrauch. Am Brennhafen erklärt Bartel Fink den Zuschauern wie Whisky gebrannt wird. Er hat eine Würze aus dunklem Gerstenmalz angesetzt. Sie stammt aus der Brauerei Stadtbühl in Gossau. Eigentlich wird eine solche Würze zur Herstellung von dunklem Bier verwendet. In der Brennerei wird die ungeläuterte (unfiltrierte) Würze vergoren und anschliessend destilliert. Spelzen und Kornanteile sollen dem Whisky zusätzlichen Geschmack verleihen. Die Temperatur am Brennhafen zeigt 100 Grad an, jene am Geistrohr 75°. Nun müsste eigentlich bald das Destillat aus dem Kühler tropfen. Die ersten Deziliter Destillat riechen scharf nach Lösungsmittel. Dieser Vorlauf wird verworfen. Was nun in die Vorlage fliesst, ist in der Nase und auf der Zunge wesentlich angenehmer: getreidig, erdig, sogar etwas kartoffelig. In den drei Jahren, in denen der Single Malt im Eichenholzfass liegt, wird er weicher und runder werden. Und er verliert das Erdige, Kartoffelige. Aus dem Fass gewinnt er Farbe, Aromen und Geschmacksstoffe. Nach drei Jahren Reifung im Eichenfass darf sich das Destillat Whisky nennen. Fink brennt auch eine Würze aus Mais. Der daraus gewonnene Whisky nennt sich Bourbon Whiskey. Bourbon wird eigentlich in den USA aus mindestens 51% Corn (Mais) sowie Gerste und Roggen hergestellt. Der Thurgauer Bourbon wird aus 70 – 80% einheimischem Mais und Thurgauer Winterroggen hergestellt. Er riecht und schmeckt süsslich, ist weich und rund. „Mollig“, wie Fink sagt.

Der Schatz im Keller

Nachdem der Jungwhisky regelmässig aus dem Kühler fliesst und Fink den Brennhafen mit einem Armvoll Holzscheiten gefüttert hat, führt er uns, mit einem Weinheber ausgerüstet, in den Fasskeller. Hier ruht der Schatz und der Stolz der Brennerei: Whisky und Rum. Der Whisky liegt in gebrauchten zyprischen Weissweinfässern, in ehemaligen Bourbonfässern und in benutzten Süssweinfässern (Madeira). Der Whisky riecht und schmeckt aus jedem Fass anders. Beeindruckend der Inhalt eines Bourbonfasses, das früher mit schottischem Laphroaig Whisky belegt war. Ein Laphroaig ist nun wirklich nicht jedermanns Sache: Rauch, Speckschwarte, sehr phenolisch. Der Thurgauer „Laphroaig“ ist wesentlich angenehmer, immer noch Rauch und etwas Speckschwarte, aber viel weniger Phenol. In einer Blinddegustation würde ich schwören, einen schottischen Whisky vor mir zu haben. Auch der Whisky aus dem Weissweinfass und jener aus dem Madeirafass sind sehr schöne Destillate. Interessant, welch grossen Einfluss das Fass auf das Destillat hat.
Wieder oben in der Brennerei hat die Zahl der Besucher etwas abgenommen. Zeit um auch ein paar Brotbrocken ins mit Single Malt gewürzte Fondue zu tunken und dazu ein Vieille zu geniessen. Unterdessen hat der Regen nachgelassen und der Heimweg kann unter besseren Bedingungen angetreten werden.

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